Dienstag, 20. April 2010

Tagung: Geschichte und Tradition der Mumifizierung in Europa

Abb.: Die von Michelangelo entworfene Kirche San Lorenzo in Florenz, in der die Medici-Familie sich beisetzen ließ. Darüber und insbesondere über die Mumifizierung der toskanischen Großherzöge referierte Prof. Donatella Lippi/Florenz.

Vom 16.-18.04.2010 fand im Museum für Sepulkralkultur und im Naturkundemuseum Kassel eine Tagung speziell über Mumien und Mumifizierung im historischen Europa statt. Zahlreiche in- und ausländische Referenten boten interessante Vorträge - darunter Dr. Dario Piombino-Mascali über sizilianische Gruftmumien sowie über Palermo's berühmtesten Einbalsamierer, den Chemiker Dr. Alfredo Salafia. Salafia hat beispielsweise die "schönste Mumie der Welt", die im Alter von 2 Jahren 1920 verstorbene Rosalia Lombardo, geschaffen. Ebenfalls aus Italien angereist war Prof. Donatella Lippi, Professorin für Medizin-Geschichte in Florenz, die über die Mumifizierung der toskanischen Großherzöge und deren Familien, die Medici, berichtete. Weitere Inhalte der Tagung waren die Michaeler-Gruft in Wien, referiert von Dr. Alexandra Rainer, sowie verschiedene Mumien-Grüfte in Deutschland, z. B. in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Hamburg, vorgetragen von den Archäologinnen Dr. Regina Ströbl, Bettina Jungklaus und Sandra Vick. Einen interessanten Beitrag lieferte ferner Dr. Wilfried Rosendahl aus Mannheim zum Thema 'Mumien und Mumifizierung in der historischen Rechtsgeschichte Mitteleuropas' am Beispiel von sog. Leib-Zeichen. Damit sind mumifizierte Körperteile gemeint, i. d. R. Finger oder Hände etwa von Mordopfern, die in frühneuzeitlicher Epoche als Beweismittel in Gerichtsprozessen für jene "Missetat" dienten. Die Tagung schloss mit Vorträgen aus dem Bereich der Medizin/Paläopathologie zu Mumien aus süddeutschen Grüften, die Aufschluss über Lebensumstände, Lebens-, Essgewohnheiten u. a. gaben. In den medizinischen Kontext gehörte auch ein Beitrag über die Kasseler Fötenmumien, die sich im Sammlungsbestand des Kasseler Naturkundemuseum befinden, als ein Beispiel für Mumien aus historischen Anatomien und Schausammlungen.
Die Tagung bot nicht nur interessante Vorträge, sondern gab auch die Möglichkeit zu einem thematischen Austausch zwischen den angereisten Wissenschaftlern und dem interessierten Fach- wie auch Laienpublikum.
Aufgrund der großzügigen Unterstützung durch k+s konnte eine solche Tagung überhaupt erst realsiert werden, wofür das Naturkundemuseum und das Museum für Sepulkralkultur ganz herzlich danken!